Als
Entwicklungshelfer am Amazonas in Iquitos / Perú |
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Das Projekt befand sich in Iquitos, einer Stadt von derzeit etwa 126.000 Einwohnern am Amazonas im Nordosten Perús. Iquitos wurde offiziell 1864 gegründet, obwohl es schon etwa hundert Jahre zuvor als kleines Dörfchen existierte, das den Missionaren des Jesuiten-Ordens als Ausgangspunkt für ihre Operationen gedient hatte. Die Stadt erlebte ihre Blütezeit während des Kautschuk-Booms, der kurz nach 1870 einsetzte und bis in das 20. Jahrhundert hinein andauerte. |
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Ein bewährtes Medium sind hier Radioschulen, wie es zum Teil RADIO SAN JOSÉ in Indiana praktizierte. Die Station wurde von kanadischen Franziskanern gegründet und erreichte ein sehr großes Gebiet bis an die Grenzen Kolumbiens und Ecuadors. Es wurde so gehandhabt, daß eine Abordnung der Sendestation die Dörfer besuchte, Interesse weckte und ein Radio mit Festfrequenzen aufstellte. Ein ehrenamtlich mitarbeitender Hilfslehrer versammelte interessierte Erwachsene und Kinder zur Zeit der Schulsendungen und unterstützte die Schüler bei der Arbeit. Diese Radioschule war eines der sozial-engagierten Projekte der Mission von Indiana. In einer Handwerkerschule waren Schreinerei, mechanische Werkstatt, Schweißerei und Handarbeitsabteilung zusammengeschlossen. | ||
Im Oktober
1970 schlug der Beauftragte des Deutschen Entwicklungsdienstes in Perú
diese Radioschule als Projekt vor. Im Herbst 1971 wurde ich als
Entwicklungshelfer für dieses Projekt eingelesen. Als während der
Vorbereitungszeit die Projektplatzbeschreibung vorlag, stellte sich
heraus, daß man für Wartung und Reparatur von Kurz- und
Mittelwellensendern einschließlich der Empfänger und Studioanlagen
eigentlich einen Ingenieur der Nachrichtentechnik angefordert hatte. Als
Tontechniker erfüllt man die Voraussetzungen nur in geringem Umfang. Man
entschloß sich, die Lücken durch ein Praktikum nach der üblichen
dreimonatigen Vorbereitungszeit bei dem Westdeutschen Rundfunk
auszugleichen. Dadurch, daß von der Anforderung bis zur Ausreise mehr als eineinviertel Jahr vergangen waren, hatte sich in dem Konzept des Projektträgers, des Bischofs von Indiana (Vicariato Apostólico San José de Amazonas), bereits einiges geändert: In der 40
Kilometer von Indiana amazonasaufwärts entfernten Provinzhauptstadt
Iquitos betrieb der spanische Augustiner- Orden seinerseits eine kleine
Radiostation, über die Sendungen mit vorwiegend religiösem Charakter
ausgestrahlt wurden. Die Kanadier und Spanier entschlossen sich, die
beiden Sender im Frühjahr 1972 zu fusionieren (zu der Zeit ein seltenes
Beispiel einer Kooperation unterschiedlicher religiöser Institutionen).
Als Entwicklungshelfer für den Projektplatz 56.2.13.01.1 erreichte ich
diesen in Indiana am Tage der letzten Sendung.
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"LA VOZ DE LA SELVA" hieß und Sprachrohr des neuge- gründeten INSTITUTO DE PROMOCIÓN SOCIAL AMAZÓNICA (IPSA) war, hatte man das frühere Prinzip der Radioschule aufgegeben und sich auf allgemein-kulturelle und sozio-politische Programminhalte konzentriert, da zu der Zeit für die Alphabetisierung verstärkt Anstrengungen seitens der Regierung über die staatlichen Schulen unternommen wurden. |
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Mit ihren Programmen wollte die VOZ DE LA SELVA als kulturelle Rundfunkanstalt einen Bildungsbeitrag leisten und direkt im Sinne der Entwicklung authentischer Kultur arbeiten, einheimische Künstler zu Wort kommen lassen und fördern und an der Wiederbelebung alten Volkskulturgutes mitarbeiten, das durch äußere Einflüsse seit Beginn der Kolonisierung verdrängt worden war.
regionale
Künstler |
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Dem Anspruch, sich in den Dienst der Mehrheiten, d.h. des sozialschwachen Teils der Bevölkerung zu stellen, wurde der Sender allerdings nur zum Teil gerecht. Programme, die dazu beitragen sollten, daß Gesundheit, Bildung und Arbeitsplätze nicht nur das Privileg einiger Weniger bleiben, wurden unterbrochen durch Werbebeiträge, in denen eine ohnehin schon privilegierte Minderheit für ihre Produkte warb, Bedürfnisse weckte und somit dazu beitrug, neue Abhängigkeiten zu schaffen. | |
Seit einem halben Jahr nach meiner Arbeitsaufnahme hatte ich darauf gedrungen, einen Counterpart (einheimischer Kollege, der parallel mitarbeitet, um anschließend übernehmen zu können) für meinen Arbeitsbereich zu bekommen. Von Seiten des Projektträgers, dessen Interessen wegen seiner fast ständigen Abwesenheit durch einen kanadischen Nicht-Geistlichen wahrgenommen wurden, ging man diesem Problem wegen der finanziellen Belastung lange Zeit aus dem Wege. Nach einiger Zeit gelang es, einen früheren Sprecher und Operador der Station für die Arbeit in der technischen Abteilung zu gewinnen. Durch gute praktische Zusammenarbeit und einen intensiven theoretischen und praktischen Kursus, den ich für alle Operadores und Sprecher (eine in Perú übliche Doppelfunktion) abhielt, gelangte dieser Conunterpart zur selbständigen Reparatur vorwiegend der mechanischen Mängel an den Studioanlagen. |
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Da diese Radiostation von Grund auf neu aufgebaut
wurde, konnte ich die Installationen nach meinen Vorstellungen planen und
unterstützt durch zwei peruanische Hilfskräfte auch durchführen.
Prämisse war allerdings, daß so viel wie möglich von der alten (teils
verrotteten) Ausrüstung wiederverwendet werden sollte, da kaum Mittel
für Neuanschaffungen vorhanden waren.
Ein qualifizierter peruanischer Techniker oder Ingenieur, den man u.U. aus der Hauptstadt hätte holen müssen, hätte nach seinen Vorstellungen auch eine derartige Station einrichten können, die möglicherweise etwas anders ausgefallen, auf jeden Fall doch funktionsfähig gewesen wäre. In dieser Hinsicht wäre es meiner Meinung nach gleich gewesen, ob ein Entwicklungshelfer in das Projekt gesandt worden wäre oder nicht. Eher müßte man die Sache so sehen, daß der Entwicklungshelfer die Möglichkeit der Anstellung eines Peruaners blockierte, denn für diesen hätte man ein volles Gehalt zahlen müssen, während der Entwicklungshelfer – vom DED aus Deutschland mit einem monatlichen sogenannten Unterhaltsgeld ausgestattet – den Projektträger nur die Wohnungsmiete kostete (Bild weiter unten). |
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Aus dieser Einsicht hatte ich verstärkt in den letzten Monaten meine Aktivitäten auf Schulung meiner peruanischen Kollegen konzentriert, und als der Projektträger gar keine Anstrengungen unternahm, einem peruanischen Techniker oder Ingenieur eine Chance auf Anstellung zu geben, zog ich - nachdem ich meine Arbeiten abgeschlossen hatte - die Konsequenz und verließ das Projekt. Nun mußte man einen peruanischen Kollegen einstellen, mit dem ich zwecks Einweisung noch kurze Zeit parallel arbeitete. |
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Leider ist bei LA VOZ DE LA SELVA kaum mehr jemand
von dem alten Kollegenstamm beschäftigt, der sich ehrgeizig und vielfach
in Mehrarbeit während des Aufbaus der Station engagierte, um über die
Programme eine Bewußtseinsbildung der verschiedensten Gruppen der
Unterprivilegierten der Bevölkerung zu betreiben. Der kommerzielle Aspekt
- Mittelbeschaffung durch Werbung, die sehr massiv betrieben wurde -
hat die ursprüngliche Intention, die Station "in den
Dienst der Mehrheiten für eine bessere Amazonía" zu stellen, verdrängt.
Zum Thema "Ausgewählte Aspekte der Teleducación in Lateinamerika am Beispiel Perus" schrieb ich meine Arbeit für das Erste Saatsexamen an der Universität Bremen. Sie ist hier mit ihren einzelnen Kapitels oder als vollständiger Textteil als pdf-Datei aufrufbar. |
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